Kann Seife "Bio" sein?
Tolle Antwort!
Woraus besteht denn eine Naturseife überhaupt (ich nenne meine Seifen ja nicht Seifen, sondern „Mödeli“, da das Wort „Seife“ für viele Leute ein bisschen angestaubt und agressiv klingt…)?
Eine reine Olivenöl-Seife z.B. besteht lediglich aus Olivenöl, Wasser und Lauge. Diese drei Dinge werden je nach Anwendung (ob Hand-, Haar-, Dusch- oder Putz-Seife) in einem spezifischen Verhältnis berechnet und abgewogen. Dann wird das Wasser mit der Lauge angemischt und zum Olivenöl gegeben.
Sonst kommt da nichts weiter rein.
Aber man kann natürlich mit den Naturölen spielen, da jedes Öl eine andere Eigenschaft auf der menschlichen Haut hat.
Und man kann Kräuter, Honig, Wachse, Pigmente, Harze etc. etc. etc. noch dazutun, so dass es noch spezieller wird.
Zurück zum Begriff „bio„.
Dieser besagt ja, dass etwas ohne synthetische Mittel hergestellt worden ist. Dass z.B. die Oliven nicht mit synthetischen Spritzmitteln behandelt worden sind. Dass kein synthetischer Dünger eingesetzt worden ist. Dass das das Öl nicht mit synthetischen Stoffen nachbehandelt worden ist, um es länger haltbar zu machen etc.
Man kann sich z.B. in der Schweiz von der Bio-Knospe-Organisation zertifizierten lassen, so dass man das Bio-Knospe-Siegel tragen kann. Aber das lohnt sich erst, wenn man eine gewisse Grösse hat, da es einiges an Zeit und Geld kostet.
Ich als „Kleine Sardelle im Pazifik“ bin nicht zertifiziert aber ich verwende zwischenzeitlich nur noch biologische Naturöle und überhaupt nur noch bio-Rohstoffe – wenn diese überhaupt erhältlich sind.
Nochmals zurück zu der „Bio-Seife“.
Wasser müsste ja „bio“ sein – wenn es zum Wasserhahn rausfliesst.
Aber es ist nicht zertifiziert (darüber gab es mal eine grosse Diskussion, ob das Wasser auch zertifiziert werden müsste…).
Die Lauge ist jedoch ganz sicher nicht „bio„, weil diese in einem chemischen Verfahren hergestellt wird. Natürlich könnte man eine starke Kali-Lauge aus Hartholz-Asche machen – ist aber SEHR aufwändig und mühselig. So haben bis Mitte des 19. Jahrhunderts alle Seifensieder gearbeitet und jeder Sieder hatte sein eigenes Geheim-Rezept punkto Lauge (welches Holz und wie verascht zur perfekten Lauge wurde… ich habe es versucht – bin kläglich gescheitert…).
In der fertigen Seife selbst ist aber keine Lauge mehr zu finden, da sich diese zusammen mit dem Olivenöl zu einem Salz gewandelt hat (Seife machen ist also auch ein chemischer Prozess – wie auch unser menschlicher Körper in einem immerwährenden, chemischen Prozess steht) und dieses Salz nennen wir umgangssprachlich „Seife“, ist in Tat und Wahrheit jedoch ein Tensid (Details dazu: click)).
Es gibt ganz, ganz viel unterschiedliche Tenside.
Starke (agressive), mittelstarke und schwache.
Eine Naturseife stellt ein schwaches Tensid dar.
Wobei z.B. eine Nivea-Seife aus ganz unterschiedlichen Tensiden besteht (Detail hierzu unter „Ein Klassiker: click) und nicht wirklich als „mild“ oder „hautfreundlich“ bezeichnet werden kann. Darum: Seife ist nicht gleich Seife.
Ich schweiffe wieder mal ab…
Zurück zu der Bio–Seife: es gibt unterschiedliche Bio-Siegel oder Zertifikate und jedes Siegel hat unterschiedliche Anforderungen. !
„Bio“ ist nicht gleich „Bio“.
Ui, ui… es ist wieder einmal super-kompliziert….!!!!
Für mich ist der „Rolls–Royce“ punkto „Bio“ definitiv das „Demeter–Siegel„. Da werden die höchsten Anforderungen gestellt – und zwar müssen 90% der Inhaltsstoffe aus Demeter–Produktion stammen.
Wohingegen z.B. das Ecocert–Label vorschreibt, dass 95% der Inhaltsstoffe pflanzlich sein müssen, von diesen jedoch nur 10% aus biologischem Anbau…
Ein weites Feld also.
Wie meist.
So – jetzt komme ich (endlich) zum Schluss: kann der grösste Anteil einer Seife „bio“ sein? Ja – das Wasser und das Öl zusammen stellen definitiv den grösseren Anteil einer Seife dar und wenn diese beiden Dinge „bio“ sind, dann kann man das Produkt im Grunde als „bio“ betrachten.
Aber da das entstandene Tensid (Seife) durch eine chemische Veränderung der beinhalteten Rohstoffe erst zu Seife geworden ist, kann es gem. den diversen Siegeln nicht als „bio“ gelten. Und die hierfür eingesetzte Lauge ist ja sowieso weit entfernt von „bio„.
Also kann eine Naturseife, die rein aus Bio-Naturölen gesiedet worden ist, eben doch nicht als „bio“ bezeichnet werden.
P.S. wundern Sie sich nicht auch, dass die allermeisten Seifen im Bio-Laden mit Palmöl hergestellt werden? Aber das ist eine andere Geschichte…click
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